03.2 Games-Förderung

Im Bereich der Games-Förderung auf Bundesebene gab es im vergangenen Jahr einige wichtige Neuerungen. Der seit Mai 2023 bestehende Förderantragsstopp, bereits der zweite seit dem Start der Games-Förderung 2020, hält weiter an.

Damit gab es beinahe so viele Monate mit Förderantragsstopp als Monate, in denen Anträge gestellt werden konnten. Bereits im Oktober 2022 musste das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz einen ersten Antragsstopp verkünden, da die zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 50 Millionen Euro aufgebraucht waren. Grund hierfür:

Die Einführung der Games-Förderung auf Bundesebene hatte eine regelrechte Gründungswelle ausgelöst.

Die Einführung der Games-Förderung auf Bundesebene hatte eine regelrechte Gründungswelle ausgelöst, ohne dass in der Folge die notwendige fortlaufende Anpassung der Förderbudgets erfolgt wäre. Von 2020 bis 2024 stieg die Anzahl der Unternehmen, die Games entwickeln und vermarkten, in Deutschland um 52 Prozent. Viele neue Teams entstanden, da die verbesserten Rahmenbedingungen der Games-Förderung halfen, ein international konkurrenzfähiges Niveau bei der Finanzierung zu ermöglichen. Denn die Förderung hilft gleich mehrfach: Sie trägt nicht nur dazu bei, dass die selbst zu tragenden Kosten für die Entwicklung – je nach Produktionsbudget – um 25 bis 50 Prozent sinken. Dieser Kostenvorteil führt auch zu einer deutlich erhöhten Attraktivität und damit verbesserten Verhandlungsposition der hiesigen Entwickler bei potenziellen Partnern und Publishern. Der Förderantragsstopp im Oktober 2022 führte jedoch dazu, dass ohne große Vorankündigung plötzlich keine neuen Projekte mehr unterstützt werden konnten. Damit galten für alle Unternehmen, die noch keinen bewilligten Antrag hatten oder ihren Antrag nicht mehr vor dem Stopp einreichen konnten, wieder die international wenig wettbewerbsfähigen Standortbedingungen wie vor der Einführung der Games-Förderung – mit ihren Kostennachteilen im Vergleich zu anderen Standorten von rund 30 Prozent.

Dass ohne ein verlässliches Level Playing Field die eigentlich von der Bundesregierung verfolgten Ziele, Deutschland zu einem Leitmarkt der Games-Branche zu entwickeln, nicht erreichbar sind, erkannte auch die Politik. So stellte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner Bereinigungssitzung im November 2022 zusätzliche Mittel bereit. Die Games-Förderung stieg so auf 70 Millionen Euro. Leider reichten die zusätzlichen Mittel jedoch nur, um von Januar bis Mai erneut Förderanträge anzunehmen. Danach folgte der abermalige Stopp – dieses Mal aber nicht nur für den Rest des Jahres 2023. Weil die allermeisten geförderten Spiele-Entwicklungen mehrere Jahre in Anspruch nehmen, waren auch die Mittel für 2024 bereits reserviert. Ein Antragsstopp bis Ende 2024 und damit über anderthalb Jahre wäre einer Vollbremsung bei der Aufholjagd zu den internationalen Top-Standorten der Spiele-Entwicklung gleichgekommen.

Wiederum sprang der Bundestag ein. In der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses wurden zusätzliche 33 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt. Diese neuen Fördermittel wurden allerdings nicht wie bisher im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz angesiedelt, sondern als gesonderter Etat bei der Beauftragten für Kultur und Medien, Claudia Roth. Diese für die Games-Branche überraschende Zuteilung bringt eigene Herausforderungen mit sich, die dazu führen, dass Stand Juli 2024 nach wie vor keine Lösungen zur Auszahlung dieser Mittel durch die beiden Ministerien gefunden wurden. Diese Situation ist für die Games-Unternehmen nur schwer verständlich, macht eine ambitionierte, planvolle und stringente Games-Politik aus einer Hand umso notwendiger und schwächt die internationale Wahrnehmung des deutschen Games-Standortes nach den Förderantragsstopps erneut deutlich.

Dabei zeigt die Games-Förderung Wirkung, wie die Ergebnisse der Evaluation des Förderprogramms zeigen. Drei Jahre nach dem Start wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragt, sich die Ergebnisse der „Computerspieleförderung des Bundes“ genauer anzuschauen. Das Ergebnis: mehr Spiele-Entwicklungen, mehr Beschäftigte und zusätzliche Umsätze – die mit der Förderung verbundenen Ziele wurden grundsätzlich erreicht.

72 Prozent der Spieleentwicklungen in Deutschland wären ohne die Förderung gar nicht realisiert worden.

So wären 72 Prozent der Spiele-Entwicklungen in Deutschland ohne die Förderung gar nicht realisiert worden, 34 Prozent konnten dadurch deutlich umfangreicher umgesetzt werden. Die große Mehrheit der geförderten Games-Unternehmen konnte deutlich mehr Arbeitsplätze schaffen als nicht geförderte Unternehmen im selben Zeitraum. Die Förderung beeinflusst zudem die Unternehmensentwicklung insgesamt positiv: Knapp die Hälfte der Unternehmen (45 Prozent) erzielte zusätzliche Umsätze, die über die im Rahmen der geförderten Projekte erzielten hinausgingen. Die Evaluation kommt allerdings auch zu dem Ergebnis, dass Deutschland einen Sonderweg bei der Games-Förderung im weltweiten Vergleich geht. International besonders erfolgreiche Standorte setzen häufig auf steuerliche Modelle wie die sogenannten Tax Breaks. Der internationale Vergleich zeigt zudem, dass der Anteil der Beschäftigten der Games-Branche an der Erwerbsbevölkerung und die durchschnittliche Anzahl der Unternehmen je eine Million Einwohnerinnen und Einwohner hierzulande noch deutlich hinter denen der anderen Länder liegt. Hier wird deutlich, dass Deutschland sein Potenzial als Games-Standort derzeit noch nicht ausreichend nutzt. Eine besonders klare Sprache spricht dabei auch das Ergebnis, dass Deutschland im Vergleich zu allen anderen untersuchten Ländern pro Einwohnerin und Einwohner selbst mit 50 Millionen Euro bisher weniger als ein Viertel des Budgets für die Games-Förderung zur Verfügung stellt. Der Abstand zu erfolgreichen Standorten auf der ganzen Welt wird auch dadurch erklärbar.

Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie „Die deutsche Games-Förderung im internationalen Vergleich“, die vom game in Auftrag gegeben wurde und von Nordicity (Kanada) in Zusammenarbeit mit Goldmedia (Deutschland) in Kooperation mit Games Germany, dem Verbund der Länderförderer und Ländernetzwerke, erstellt wurde. Eines der Ergebnisse: Die Fördersysteme von internationalen Top-Standorten unterscheiden sich deutlich von der Games-Förderung in Deutschland. Etablierte Produktionsstandorte wie Kanada, Frankreich oder Großbritannien setzen gezielt auf eine steuerliche Games-Förderung. Dadurch entfällt in den meisten Fällen auch die Aufstellung eines festen Förderbudgets im Haushalt, das ausgeschöpft sein kann, wenn die benötigten Mittel die zur Verfügung gestellten übersteigen. Die Games-Förderung steht in den Ländern mit steuerlichen Fördermodellen hingegen dauerhaft zur Verfügung und ist damit planbarer und verlässlicher. Dieser Ansatz funktioniert international dabei so gut, dass auch andere Standorte wie Irland oder Australien, die international eine größere Rolle bei Games-Entwicklungen spielen wollen, auf dieses Modell setzen. Deutschland hat hingegen ein Fondsmodell mit einem festen jährlichen Budget gewählt. Sofern für dieses Modell nicht ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, drohen die Förderantragsstopps. Die Folge: Unternehmen wissen nicht, ob Fördermittel zur Verfügung stehen werden, wenn sie sie benötigen. Dadurch lässt sich mit der Games-Förderung in Deutschland nicht verlässlich planen.

Wie bedeutend die Unterschiede sind, wurde anhand dreier typischer Beispiel-Budgets für Spiele-Produktionen mittels eines wirtschaftlichen Modells durchgerechnet. Das Ergebnis: Bei bestehender Förderung – aber auch nur dann – steht Deutschland aktuell sowohl bei kleineren Produktionen als auch bei Entwicklungen mit Budgets im zwei- oder gar dreistelligen Millionenbereich international im Mittelfeld. Für die Zeit des Förderantragsstopps liegt Deutschland dagegen an letzter Stelle. Der Vergleich zeigt, dass eine verlässlich bestehende Förderung mit ausreichendem Budget die absolute Notwendigkeit ist, um wettbewerbsfähig zu sein. Dabei verfügt Deutschland über zahlreiche positive Standort-Faktoren, die allerdings bei einem fehlenden Level-Playing-Field im Bereich der Förderung kaum zum Tragen kommen können.

Die Games- Förderung steht in den Ländern mit steuerlichen Fördermodellen dauerhaft zur Verfügung und ist damit planbarer und verlässlicher.

Verbesserung für Games-Unternehmen gab es in einigen Bundesländern. Dass immer mehr von ihnen eigene Förderprogramme starten oder die Fördermittel weiter erhöhen, war auch 2023 der Fall. Mit zusätzlichen Mitteln versuchen Länderförderungen außerdem, zusätzliche Unterstützung zu leisten und den durch den Förderantragsstopp auf Bundesebene gestiegenen Bedarf aufzufangen – auch wenn die im Bund fehlenden Summen nicht annähernd kompensiert werden können. So schütteten Berlin und Brandenburg eine Rekordsumme für Spiele-Entwicklungen aus: Studios wurden mit Fördermitteln in Höhe von insgesamt 5,3 Millionen Euro unterstützt. Darüber hinaus werden zahlreiche weitere Projekte und Vorhaben durch die schwarz-rote Landesregierung von Berlin gestärkt – vom „House of Games“ über das Computerspielemuseum bis hin zur Internationalen Computerspielesammlung, die in ihrem Umfang weltweit die erste ihrer Art werden soll. Die bayerische Landesregierung stellt Fördermittel in Höhe von insgesamt rund 3,3 Millionen Euro zur Verfügung. Mit dem neuen Games-Hub „DIE GAMEREI“, der mit 560.000 Euro gefördert wird, dem „Level Up“-Accelerator-Programm und dem Gaming-Event „GG Bavaria“ unterstützt die Landesregierung die Unternehmen am Standort zusätzlich. Darüber hinaus haben Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Sachsen jeweils ihr Förderbudget für 2024 erhöht. Im Saarland ist die Games-Förderung in das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie gewechselt, hierfür sind im Haushalt 2024 insgesamt 300.000 Euro vorgesehen – ebenfalls eine Erhöhung. Mecklenburg-Vorpommern bildet noch das Schlusslicht als das nun letzte verbleibende Bundesland ohne eine regionale Games-Förderung, die im Koalitionsvertrag von SPD und Der Linken allerdings in Aussicht gestellt worden war.

Die Games-Unternehmen registrieren die unterschiedlichen Bemühungen der einzelnen Bundesländer um die jeweiligen Rahmenbedingungen sehr genau.

Die Games-Unternehmen registrieren die unterschiedlichen Bemühungen der einzelnen Bundesländer um die jeweiligen Rahmenbedingungen sehr genau. Das zeigen die Ergebnisse des game Branchenbarometers von Anfang 2023 sehr deutlich: Am positivsten wird dabei aktuell der Games-Standort Nordrhein-Westfalen wahrgenommen. Damit klettert das bevölkerungsreichste Bundesland seit der Erhebung von 2021 vom dritten auf den ersten Platz. Einen Sprung nach vorn von Platz 4 auf 2 macht zudem Hamburg. Den zweiten Platz teilt sich die Hansestadt mit Berlin, das damit auf dem zweiten Platz bleibt. Bayern, 2021 noch Spitzenreiter, lässt drei Bundesländer an sich vorbeiziehen und landet Anfang 2023 nur auf dem dritten Platz.