Jahresreport der deutschen Games-Branche 2024

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

für viele Games-Unternehmen war das vergangene Jahr besonders anspruchsvoll: Weltweit mussten viele Unternehmen Stellen abbauen, teilweise wurden sogar ganze Entwicklungsstudios geschlossen. Hinter diesen Entwicklungen stecken mehrere Gründe: Auch wenn viele Games-Märkte ihr hohes Niveau nach der Corona-Pandemie im Großen und Ganzen halten konnten, kam es in vielen Ländern doch zu einer kleinen Wachstumsdelle. Gleichzeitig hat sich aber das Investitionsklima deutlich verschlechtert, unter anderem durch den Ukraine-Krieg, die über viele Monate hohe Inflation und das daraus resultierende hohe Zinsniveau. Auch aufgrund vieler Verschiebungen durch die Corona-Jahre wurden zudem im vergangenen Jahr so viele hochklassige Games veröffentlicht wie selten zuvor innerhalb von zwölf Monaten. Diese Fülle auf dem Markt trug ebenfalls dazu bei, dass nicht alle Spiele – selbst bei Bestwertungen – die erhofften Verkaufserfolge wurden.

All diese Entwicklungen gingen auch an den deutschen Games-Unternehmen nicht spurlos vorbei. Wie schwierig die Lage eingeschätzt wird, zeigt ein Blick auf unser game Branchenbarometer: Danach erwarten nur 12 Prozent der Unternehmen eine positive Entwicklung für die deutsche Games-Branche im Jahr 2024. Ein Jahr zuvor lag dieser Wert noch bei 48 Prozent. Denn die Verschlechterung des internationalen Investitionsklimas trifft Entwicklungsstandorte wie Deutschland besonders: Wenn die Rahmenbedingungen für die Spiele-Entwicklung international kaum konkurrenzfähig sind, ist es für Studios hierzulande in solchen Zeiten nochmals schwerer, Partner und Publisher für eine Zusammenarbeit zu begeistern. Hier zeigt sich abermals, wie wichtig verlässliche, planbare und international konkurrenzfähige Rahmenbedingungen sind!

Dass wir diese bei weitem noch nicht erreicht haben, zeigt die internationale Vergleichsstudie zur Games-Förderung an verschiedenen Games-Standorten, die in unserem Auftrag von Nordicity in Zusammenarbeit mit Goldmedia und in Kooperation mit Games Germany, dem Verbund der Länderförderer und Ländernetzwerke, erstellt wurde. Selbst wenn gerade kein Förderantragsstopp bestünde, wären wir mit dem deutschen Sonderweg des Games-Fonds nur eingeschränkt konkurrenzfähig. Denn Fördermittel, von denen man nicht weiß, ob sie zur Antragsstellung überhaupt zur Verfügung stehen werden, sind nicht nur Unterstützung, sondern auch ein Unsicherheitsfaktor. Dabei zeigt die Evaluation des Förderprogramms im Bundeswirtschaftsministerium ganz klar: Die Games-Branche hat geliefert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zu den bisherigen Fördereffekten kann man kurz so zusammenfassen: mehr Spiele-Entwicklungen, mehr Beschäftigte und zusätzliche Umsätze.

Wie wichtig die Fördermittel für die Games-Unternehmen im internationalen Vergleich sind, wissen auch die Haushaltspolitikerinnen und -politiker des Deutschen Bundestages: Zum zweiten Mal in Folge haben sie trotz fiskalisch anspruchsvoller Zeiten zusätzliche Mittel für die Games-Förderung zur Verfügung gestellt: 33 Millionen Euro pro Jahr! Das ist ein starkes Signal. Jetzt ist auch die Kulturstaatsministerin Claudia Roth gefordert: Überraschenderweise hat ihr Haus die neuen Fördermittel erhalten. Es braucht endlich Antworten auf die Fragen, wie diese Mittel vergeben werden sollen und wann es endlich für die Unternehmen losgehen kann.

So groß die Herausforderungen für die Games-Unternehmen aktuell auch sind, die mittelfristigen Perspektiven bleiben für die Games-Branche gut. Die aktuelle Konsolidierungswelle hat zwar auch Unternehmen in Deutschland getroffen, allerdings in der Breite weniger stark als an anderen Standorten. Das zeigt die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen. Ein Grund: Viele Games-Unternehmen in Deutschland befinden sich derzeit noch mitten in einem geförderten Projekt. Das gibt Stabilität! Aber auch ein Blick auf die weltweiten Games-Märkte gibt Anlass zu Hoffnung: Die Post-Corona-Wachstumsdelle scheint überwunden, die Prognosen sind vielversprechend. Auch der deutsche Games-Markt hat sich 2023 bereits wieder stark entwickelt. Mit Spielen, Games-Hardware und entsprechenden Online-Diensten wuchs der Umsatz insgesamt um starke 6 Prozent auf 9,97 Milliarden Euro. Zu den größten Wachstumstreibern gehören Spielekonsolen und ihr Zubehör sowie In-Game- und In-App-Käufe.

Ein weiterer Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken, war die gamescom 2023, der abermals ein großer Sprung nach vorn gelungen ist. In vielen Bereichen, in denen sie bisher schon stark war, konnte sie neue Bestwerte erzielen: mehr Aussteller aus mehr Ländern bei millionenfacher Reichweite in alle Welt. Ihre weltweite Relevanz beweisen auch die vielen international bekannten Branchen-Köpfe, die selbst vor Ort waren. Es wurden weltweit über 330 Millionen digitale Views gezählt. 320.000 Menschen besuchten die gamescom 2023 vor Ort in Köln.

Insbesondere in den vergangenen Jahren ist die internationale Aufmerksamkeit für die gamescom nochmals stark gestiegen. Diese Strahlkraft wollen wir gemeinsam mit unserem Partner, der Koelnmesse, noch besser nutzen. Mit gamescom latam in São Paulo, die auf den besonders dynamischen und stark wachsenden Games-Markt in Südamerika zugeschnitten ist, gibt es seit Juni 2024 neben der gamescom asia in Singapur ein zweites internationales Satelliten-Event. Denn wir sind überzeugt: Games sind ein emotionales und soziales Medium und darum bleiben Vor-Ort-Events für die Games-Branche auch in Zeiten der vielen Livestreams wichtig. Alle, die bereits auf der gamescom waren, haben dieses einzigartige Community-Gefühl und den positiven Blick auf das Hier und Jetzt sowie diesen Zukunftshunger selbst schon erlebt. Und davon kann man insbesondere in diesen Zeiten gar nicht genug bekommen.

Einen Überblick über diese und viele weitere Entwicklungen der Games-Branche in Deutschland bietet dieser Jahresreport.

Ich wünsche eine erkenntnisreiche Lektüre!

Felix Falk

Geschäftsführer game – Verband der deutschen Games-Branche